Die Corona-Krise verschont niemanden – und das ist nicht nur gesundheitlich gemeint. Aktuell scheint die Welt Kopf zu stehen und neben den gesundheitlichen und versorgungstechnischen Fragen beschäftigt Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Moment vor allem eines: das Arbeitsrecht. Sobald ein Notstand erklärt wird, kann so einiges außer Kraft gesetzt werden – doch was kann wann und wie genau aufgrund des Corona-Virus tatsächlich geltend gemacht werden?
Einen allgemeinen Überblick über das Wichtigste, was Sie dazu jetzt wissen und beachten müssen haben wir hier mit Hilfe der Rechtsanwaltskanzlei MAINWERK für Sie zusammengestellt:
1. Arbeitspflicht
Q: Können Arbeitnehmer ihre Arbeit verweigern, wenn im Betrieb ein Mitarbeiter des Betriebes mit dem Corona Virus infiziert war oder als Verdachtsfall gilt?
A: Nein, aber der Arbeitgeber muss grundsätzlich im Rahmen seiner Fürsorgepflicht Maßnahmen ergreifen, um ein Infektionsrisiko anderer Mitarbeiter soweit möglich auszuschließen.
Q: Können Arbeitnehmer eine Entsendung in Gebiete verweigern, die vom Auswärtigen Amt als Risikogebiete eingestuft wurden?
A: Grundsätzlich ja. Da der Arbeitgeber auch die Gesundheit von seinen Mitarbeitern schützen muss, entspricht eine solche Weisung nicht mehr billigem Ermessen.
Q: Dürfen Mitarbeiter ausnahmsweise von Zuhause arbeiten?
A: Sofern kein arbeitsvertraglicher Anspruch besteht, entscheidet der Arbeitgeber nach billigem Ermessen, ob die Arbeit auch von Zuhause erbracht werden kann.
2. Verhalten am Arbeitsplatz
Q: Darf der Arbeitgeber das Tragen von einem Mundschutz untersagen?
A: Grundsätzlich nein. Aufgrund seiner Fürsorgepflicht muss der Arbeitgeber es den Mitarbeitern freistellen, ob sie sich vor einer Ansteckung zusätzlich schützen wollen. Bei der Anordnung des Tragens von Schutzausrüstung hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.
Q: Welche sonstigen Pflichten treffen den Arbeitgeber?
A: Im Rahmen der Fürsorgepflicht kann der Arbeitgeber dazu verpflichtet sein, Schutzausrüstung und Desinfektionsmittel zur Verfügung zu stellen.
3. Arbeitsausfall und Bezahlung
Q: Der Arbeitnehmer wird vom Arbeitgeber wegen Infektionsverdachts symptomlos unter Quarantäne gestellt – wer zahlt?
A: Solange der Arbeitnehmer nicht arbeitsunfähig erkrankt ist, kommt ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und möglicherweise ein Anspruchauf Krankengeld nicht in Betracht. Der Arbeitgeber bleibt in diesen Fällen weiter zur Lohnzahlung verpflichtet. Es realisiert sich das allgemeine Betriebsrisiko. Allerdings hat nach unserem Dafürhalten der Arbeitnehmer in diesem Fall eine Pflicht zur Arbeit im Homeoffice, sofern dies technisch und räumlich möglich ist.
Q: Der Arbeitnehmer wird durch behördliche Anordnung wegen Infektionsverdachts (symptomlos) unter Quarantäne gestellt – wer zahlt?
A: Auf jeden Fall zahlt der Arbeitgeber zunächst die Vergütung bis zu 6 Wochen weiter. Nach § 56 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz muss die Behörde die Vergütung aber erstatten, wenn der Arbeitgeber nicht aus anderen Gründen zur Vergütungszahlung verpflichtet war. Eine solche Pflicht ergibt sich bei gleichzeitiger Arbeitsunfähigkeit aus dem EFZG oder nach § 616 BGB (dann also keine Erstattung durch die Behörde). § 616 BGB setzt ein persönliches verhältnismäßiges kurzes Leistungshindernis (wir gehen hier von maximal 3 bis 5 Arbeitstagen aus; der BGH hat hierzu jedoch bis zu 6 Wochen als absolutes Maximum vorgegeben) voraus; manche Tarifverträge oder Arbeitsverträge schließen jedoch die Anwendung von § 616 BGB aus. Ist dies der Fall, kann der Arbeitgeber ab dem ersten Tag die Erstattung nach dem Infektionsschutzgesetz beanspruchen.
Q: Der Betrieb wird behördlich zur Durchbrechung der Infektionskette geschlossen – wer zahlt?
A: In den Fällen der behördlichen Quarantäneverhängung bleibt der Arbeitgeber entgeltfortzahlungspflichtig. Der Arbeitgeber kann aber gem. § 56 Abs. 5 S. 2 Infektionsschutzgesetz von der Behörde die Erstattung dieser Beträge verlangen. Der Arbeitgeber sollte zudem prüfen, ob die Gewährung von Kurzarbeitergeld beantragt werden kann. Bei einer bloßen Ausgangssperre oder Einstellung des ÖPNV realisiert sich das Wegerisiko des Arbeitnehmers; der Arbeitgeber braucht nicht zu zahlen.
Q: Wegen Lieferengpässen / Absatzeinbruch muss die Produktion gestoppt werden – wer zahlt?
A: Kann der Betrieb nicht aufrechterhalten werden und kann der Arbeitgeber die gesunden und arbeitswilligen Arbeitnehmer nicht mehr beschäftigen, bleibt die Lohnzahlungspflicht dennoch bestehen. Das insoweit bestehende Betriebsrisiko trägt der Arbeitgeber. Gegebenenfalls kann aber die Situation durch den Abbau von Überstunden und/oder die Anordnung von Kurzarbeit mit Förderung durch die Arbeitsagentur abgemildert werden.
4. Privatreisen
Q: Was gilt im Hinblick auf Privatreisen in Risikogebiete?
A: Der Arbeitgeber kann diese nicht unterbinden. Auch gelten bei Rückkehr grundsätzlich die allgemeinen Regelungen und Risikoverteilungen zu Lasten des Arbeitgebers. Denkbar wäre allenfalls, die Entgeltfortzahlung im Sinne des § 616 BGB oder des EFZG wegen Eigenverschuldens zu verweigern. Dies dürfte allerdings nur in krassen Ausnahmefällen (z.B. grundlose Reise nach Wuhan) möglich sein.
Q: Darf der Arbeitgeber fragen, ob sich ein Mitarbeiter in einem Risikogebiet aufgehalten hat und den Mitarbeiter ggf. heimschicken?
A: Ja, der Arbeitgeber darf den Mitarbeiter fragen und ihn dann auch sicherheitshalber (im Regelfall bezahlt) nach Hause schicken. Auch dürfte ein erweiterter Spielraum zur Anordnung von Homeoffice-Arbeit bestehen.
Diese allgemeinen arbeitsrechtlichen Informationen können eine Beratung im Einzelfall nicht ersetzen und wurden uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt durch:
MAINWERK Rechtsanwälte
www.mainwerk-legal.de
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